Die nicht einmal abgeschlossene nahe Vergangenheit der ungarischen Sozialgeschichte zeigt klar (im Kontext der mitteleuropäischen Gesellschaften), dass das Zustandekommen und die Festigung der Rechtsstaatlichkeit eine äußerst wichtige Tatsache der Entwicklung der ungarischen Gesellschaft ist. Dies bedeutet sogar an und für sich manche Aufgaben, kann jedoch freilich nicht als jener Endzustand der Entwicklung betrachtet werden, woher weitere Schritte weder notwendig noch möglich sind. Die Umsetzung des Konzepts der Rechtsstaatlichkeit gab und gibt uns die Chance, als gemeinsamer Ausgangspunkt von Mitgliedern der Gesellschaft mit verunsicherter Kultur- und Wertauffassung bei der Schaffung einer mehr erträglichen Welt als jene zu sein, die wir hinter uns gelassen haben. Dasselbe gilt für jene Personen, in deren Augen die heutige ungarische Gesellschaft Gefangener von Widersprüchen zwischen Ehrgeiz und Leistung, Selbstgefühl und tatsächlicher Haltung ist und die der Ansicht sind, dass die Gesellschaft selbst diese Widersprüche durch Verschweigen, Selbsttäuschung, anstatt des Konsenses über die tatsächlichen Verhältnisse durch Konsens schafft, der den beschönigenden Auslegungen gilt.
Für die nächsten Schritte brauchen wir aber auch andere Ideen neben der Idee der Rechtsstaatlichkeit. Zum Beispiel, dass sich der Konsens und die Zusammenarbeit nicht nur darauf gründen, dass wir nicht nur die Annahme, sondern auch die Durchsetzung von gewissen Ideen vereinbaren. Das heißt, wir sollten uns nicht bloß über die Verlautbarung und die Duldung der laufenden Verletzung dieser Ideen wie heutzutage einig sein. Wir sollten den Zustand ohne Folgen hinter uns lassen, von dem die derzeitigen Verhältnisse überwiegend geprägt werden. Ein erheblicher Anteil der heutigen ungarischen Gesellschaft scheint die Notwendigkeit von dem gar nicht wahrzunehmen.
Diee Diskussionsabende von MPR wollen die Vorstellung von (auch nach unserer Ansicht) notwendigen ideen ermöglichen. Wir hoffen, dass es uns gelingt, diese Ideen in der ungarischen Öffentlichkeit zu thematisieren. Die MPR möchte mit ihren bescheidenen Mitteln zur Entfaltung eines Abstimmungsprozesses auf gesellschaftlicher Ebene beitragen. Dieser soll darüber geführt werden, welche die notwendigen ideen (man könnte auch ethische Maximen sagen) sind, die dem Wohlergehen von uns allen in der ungarischen gesellschaft, unabhängig von Gesellschaftlichem Status, religiöser Überzeugung, Weltanschauung, Parteisympathie und vielen anderen Verpflichtungen dienen können. Ein Konsens sollte ebenfalls darüber entstehen, im Rahmen welcher moralischen Normen wir mit unserer eigenen Vergangenheit verrechnen können. Wir würden eigentlich die derzeitige Situation, die Stärken und Schwächen des gesellschaftlichen Dialogs in Ungarn, die Voraussetzungen für dessen Erfolg durch Stellung von einzelnen Grundfragen, die auch unser alltägliches Leben bestimmen, zu unseren Themen machen. Der Ausblick auf Gesellschaften und Erfahrungen, wo der gesellschaftliche Dialog besser als im heutigen Ungarn funktioniert, kann dieser Betrachtungsweise nicht fremd sein. Die MPR möchte durch ihre Diskussionsabende die Thematisierung dieser Ansprüche in der Gesellschaft fördern und glaubt nicht, dass ihre Diskussionsabende von sich selbst einen geringen Anteil von unseren gesellschaftlichen Konflikten lösen.
Die MPR hofft, dass diese Diskussionsabende Ertrag auch für sich selbst haben werden. Die Diskussionen können uns hoffentlich dazu verhelfen, unsere Aussage klarer und fachgerechter zu formulieren.
Die einzelnen Diskussionsabende (dienstags zwischen 16.30 und 19.30 Uhr) werden von je einer kurzen, vorher verteilten Thematisierungsschrift eingeleitet. István Síklaki stellt über ebenfalls vorher veröffentlichte Presseanalysen die Anwesenheit der einzelnen Themen sowie deren Art und Weise in der heutigen ungarischen Öffentlichkeit vor. Der eigentliche Diskussionsabend beginnt mit Diagnosen, die dem Verständnis helfen (und nicht unbedingt der Überzeugung von etwas dienen) sowie als Fallstudien die derzeitige Anwesenheit des Themas präsentieren. Auf die Diagnosen folgt an allen drei Abenden die Diskussion (diese wird von Özséb Horányi geführt), danach kommt eine kurze tentative Zusammenfassung seitens MPR (in allen drei Fällen von Péter Scharle formuliert). Diese Zusammenfassung soll die geäußerten Ansichten im eigenen Bezugssystem der MPR platzieren. Diese Ansichten werden nicht unbedingt mit denen der Pax Romana übereinstimmen. Sie werden aber einerseits auf jeden Fall aus christlicher Sicht geäußert werden, andererseits den Umstand stärken, dass der Zweck der Diskussionsabende eine Art Ethik, die Ethik der Thematisierung in der Öffentlichkeit und die Ethik der Diskussion über die Themen der Öffentlichkeit, dagegen nicht die ,,Wahrheitsverkündung'' ist.
Früher oder später muss man zu Einvernehmen in der Frage kommen, wann die Kooperation, die gemeinsame Anstrengung bzw. wann die Kompetition, der Wettbewerb der Integrierung der Gesellschaft (und so dem Wohl seiner Mitglieder) dient. Geht es da um Strategien, die einander ausschließen? In welchen Fällen ,,lohnt sich mehr'' die Kompetition als die Kooperation und umgekehrt? Kann man annehmen, dass der begehbare Weg der Förderung der gesellschaftlichen Entwicklung nur an der einen vorbei (heute scheinbar an der Kompetition vorbei) führt? Haben die Strategien der Gesellschaftsentwicklung auf der Grundlage der Kooperation reale Chancen? Die Analyse der Begriffe der Solidarität neben der Kooperation bzw. der Begriffe der Politik neben denen des Wettbewerbs kann in einer Gesellschaft, die auf Wettbewerb gestimmt ist, zur Auslegung der Erscheinungen der atomisierenden Politisierung führen.
Themenpräsentation: István Schlett
Schlett István: Kooperáció és/vagy kompetíció
Diagnose: Vilmos Csányi und Tibor Dessewffy
Síklaki István: Egy eset a sajtóból
Früher oder später muss man zu Einvernehmen in der Frage kommen, unter der Erfüllung welcher Bedingungen wir darauf hoffen können, dass eine echte Kooperation zwischen den Mitgliedern bzw. den einzelnen Teilen der Gesellschaft beginnt. Wir sollten derzeit existierende lokale und teilweise Kooperationen merken. Wir sollten merken, was Kooperationen generiert, ermöglicht und unterhält sowie welche Erträge in Abhängigkeit der Kooperativität entfallen oder erreichbar werden. Kann man überhaupt von Bedingungen von der vorher erwähnten Kooperativität sprechen, die unabhängig vom Thema sind, d. h. sie sind nicht von einzelnen konkreten Situationen abhängig, jedoch im allgemeinen oder zumindest in ziemlich vielen verschiedenen Fällen scheinen sie zu funktionieren. Kann man die Hoffnung auf Wahrheitsliebe oder die Hoffnung darauf, dass die jeweilige Äußerung ein relevanter Beitrag zur Darlegung des Themas ist usw. als solche Phänomene betrachten? Gibt es Chancen darauf, dass sich die kooperationsbereiten Parteien innerhalb der gegliederten ungarischen Gesellschaft finden; ob sie die Gültigkeit ihrer jeweiligen Ansichten erörtern können, während die Ansichten selbst unterschiedlich sind; dass diese Anstrengungen unabhängig vom Thema werden?
Themenpräsentation: Gábor Felkai
Felkai Gábor: Az ésszerû együttmûködés formális feltételei és szociális-politikai korlátai
Diagnose: Béla Buda und János Wildmann
Síklaki István: A kooperáció feltételei
Früher oder später muss man zu Einvernehmen in der Frage kommen, dass die Kooperation nur dann eine Chance hat, wenn wir uns dafür engagieren, die ersten Schritte selbst zu unternehmen und nicht von anderen erwarten. Wie ist es möglich, uns selbst zu beschränken, ohne dadurch uns selbst zu benachteiligen? Und wann ist es zweckmäßig, sogar Nachteile auf uns zu nehmen? Wie funktioniert die Selbstbeschränkung im Falle von Prinzipien wie die Solidarität oder die Subsidiarität, welche von der EU aufgenommen wurden? Eine der wichtigen 'Aussagen' der EU, vielleicht die wichtigste ist das Engagement für die Abstimmung. Dieses Paradigma schließt dabei den Wettbewerb nicht aus, weil die Festlegung und Einhaltung der Spielregeln in das Abstimmungsfeld gesetzt wird. Es ist jedoch eins der am meisten typischen Merkmale der ungarischen Gesellschaft (es gilt seit mehreren Jahrhunderten als ein Mittel zum Überleben), die Spielregeln autonom auszulegen, diese zu verletzen, im Verhältnis des Wettbewerbserfolgs und des Fairplay sich zum ersteren hingezogen zu fühlen.
Themenpräsentation: Beáta Farkas
Farkas Beáta: Az önkorlátozásról
Diagnose: Rudolf Ungváry und István Janáky
Síklaki István: Az önkorlátozás mint a kooperáció esélye